Samstag, 1. September 2012

Ausgetrickst

Wie war das noch? In meinem letzten Post schrieb ich von lauter netten Menschen, die die Welt bevölkern? Ich wusste und weiß zwar, dass auch nicht so nette Menschen gibt aber dass ich auf so unverfrorene und gemeine Art daran erinnert wurde, hat mich wirklich verstört.

Das ist es in weiß...
Aber der Reihe nach: der geneigte Leser wird sich vielleicht entsinnen, dass ich Anfang des Jahres die "Geburt" eines schnellen Internets zeitgleich mit einem neuen Handy beschrieb, die nicht ganz ohne Hindernisse vonstatten ging. Dieses Handy, ein HTC Sensation XE, das ich sehr liebgewonnen hatte, das ich mit vielen Daten, Musik und Fotos gefüttert hatte, das eine Menge Apps hatte, von denen ich glaubte, sie erleichtern mir das Leben :-) - dieses Handy ist nicht mehr meins. Gestern wurde ich Opfer eines ausgefeilten und bösartigen Trickdiebstahls. Man hat mir mein Handy einfach geklaut.

Das heißt, einfach war es wohl nicht; entweder ist der Coup gut vorbereitet gewesen oder die Typen sind so routiniert, dass sie in jeder Situation eine Handlungsweise parat haben.

Und so ist es passiert: ich arbeite stundenweise in einem kleineren Glaserbetrieb in Berlin-Neukölln und erledige dort den Verwaltungs- und Schreibkram. Ich habe ein Büro, dass an einen Showroom angrenzt, der auch der Eingangsbereich des Ladens und der Werkstatt ist. Man muss durch diesen Showroom, um in mein Büro zu kommen. Die Eingangstür ist zwar ge- aber nicht verschlossen - das soll auch so sein, es sollen ja Kunden hereinkommen. Mein Fenster ist riesig und das Büro kann von außen eingesehen werden. Und auf meinen Schreibtisch liegen meistens außer jeder Menge Papier und einem großen PC drei Telefone, Festnetz und mein Handy.

Kunden klopfen manchmal an das Fenster oder kommen gleich zur Tür, die zu Bürozeiten von außen einfach aufgedrückt werden kann. Und dass ein Kunde vor der Tür stand, glaubte ich auch gestern gegen mittag. 

Ein junger Mann, ca 25 Jahre alt, nicht unattraktiv, dunkle Haare, dunklere Haut, ein nettes Lächeln betritt den Laden: "Kann ich eine Glasscheibe kaufen?" Der Akzent ist arabisch oder so, viele Menschen, die hier in der Nachbarschaft wohnen, kommen entweder aus dem Libanon, der Türkei, Syrien, Iran oder Irak. Sein Deutsch ist recht gut und ich bejahe die Frage und erkundige mich nach den genauen Maßen, der Dicke und der Art des Glases. Nachdem er erst auf eines der ausgestellten Fenster gezeigt hat und ich ihn frage, ob es denn so ein doppelt verglastes Fenster sein soll, verneint er und sagt etwas von ganz einfach. Ich bitte ihn ins Büro und zeige ihm dort einige Muster. Auf der gegenüberliegenden Seite meines Schreibtisches stehen drei Stühle, das Büro ist explizit auch für Kundenverkehr gedacht. Ich greife nach den Mustern, er zeigt auf eine Scheibe und bittet mich, auszurechnen, was sie denn in der von ihm gewünschten Größe kostet. All das ist völlig normal und geschieht einige Male am Tag. Ich nenne ihm den Preis und er fragt mich, wann er das Glas bekommen könne. " In ein oder zwei Tagen, wir schneiden es für Sie zu. Wie können es jetzt bestellen, wenn Sie wollen." "Ja bitte, und wann bezahle ich?" "Im Voraus, also jetzt, bei Bestellung." 

Der Preis liegt unter 100,00 €, ich habe mir bereits die Maße notiert und frage nach seinem Namen, Adresse und Telefonnummer. Da wird er ein bisschen hektisch, seine Bewegungen werden fahrig und er hält mir plötzlich einen 500,00 €-Schein unter die Nase. "Also den kann ich nicht wechseln." "Dann behalten Sie ihn bitte als Sicherheit." Wie bitte? Das läuft etwas ziemlich schief und mein erster Gedanke ist "der Schein ist falsch". Ich lehne ab und will ihm sagen, dass er dann wohl noch einmal wiederkommen müsse. (Nach allem, was dann passierte: BITTE NICHT!!!)

Während wir so hin und her reden - das Ganze hat jetzt ungefähr 5 -7 Minuten gedauert - betritt ein zweiter Mann den Laden und schaut sich im Showroom um. Ich schaue zu ihm hin, er grüßt und steht vor einem der ausgestellten Fenstertypen. So nebenbei registriere ich: Mitte 30, dunkler Typ, vielleicht ein Türke, rotes T-Shirt, dunkle Hose. Jetzt sagt mein "Kunde", er wolle dann jetzt gehen und den Schein wechseln lassen und in einer halben Stunde wiederkommen. Das ist mir nur recht, und frage ihn aber noch mal nach seinem Namen. "Hoffmann", also das ist schon sehr merkwürdig, dieses Aussehen und der Akzent und dann so ein Urberliner Name? Aber ich denke nicht weiter darüber nach, der andere Kunde wartet ja. Er fragt nach dem Preis für das Fenster, das er die ganze Zeit angeschaut hat, ich nenne ihn, er sagt danke und geht. Auch das ist nicht so ungewöhnlich, manchmal haben Menschen Preisvorstellungen, die mit den Gegebenheiten nicht übereinstimmen.

Ich setze mich wieder an den Schreibtisch und fahre mit meiner Arbeit fort, schreibe Korrespondenz, Angebote etc.  Ungefähr eine halbe Stunde später denke ich, dass der Typ wahrscheinlich doch nicht wiederkommt und vermute, sein Auftritt war ein Versuch, einen falschen Geldschein loszuwerden. Kurz darauf will ich etwas in meinem Handy nachschauen, greife dorthin, wo es immer liegt und greife ins Leere. Ungläubig starre ich auf die leere Stelle, wo vor einer Stunde noch mein Handy gelegen hat. Ich schnappe nach Luft, mein Körper ist wie aus Stein - mein Gehirn weigert sich, das, was ich sehe oder besser nicht sehe, zur Kenntnis zu nehmen. Mir wird abwechslend heiß und kalt und nach einigen Sekunden ist mir klar: diese SCHW... haben mich ausgetrickst! Der erste hat mich in das Gespräch verwickelt, der zweite hatte nur die Aufgabe, mich zu beschäftigen, damit der erste mit meinem Handy unbehelligt abhauen konnte. Oder, was mir als Alternative noch weniger behagt, mich außer Gefecht zu setzen, falls ich zu früh bemerke, was passiert ist. So eine Gemeinheit! So eine bodenlose Frechheit! So eine Schweinerei!

Ich bin stinkwütend und lasse erstmal einen lauten empörten Schrei los, egal, ob jemand mir zuhört oder nicht. Dann rufe ich mit zitternden Fingern meinen Liebsten an, der mir rät, sofort die SIM-Karte sperren zu lassen. Natürlich! In meinem augemblicklichen Zustand hab ich an das nächstliegende nicht gedacht. Vor allem überlege ich, ob ich irgendwelche Zugangsdaten gespeichert hatte (nein, hatte ich nicht) und dass glücklicherweise mein Terminkalender auch noch in meinem PC vorhanden ist, ebenso wie meine Kontakte. 

Ich lasse also meine SIM-Karte sperren und erstatte online Anzeige bei der Polizei. Der Typ wird sicher nicht gefunden werden, mein Handy auch nicht, da bin ich mir sicher. Ich bin aber immer noch unheimlich wütend auf diese Kerle, die mich so übertölpelt haben. Der Verlust des Handys ist ärgerlich, es war wirklich ein schönes Teil und ich fand es toll. Viel schlimmer ist diese Grenzverletzung, darüber bin ich außer mir  - was erlauben die sich? Wie können die nur? Dann beginnen meine Gedanken Karrussell zu fahren, Zweifel, Selbstvorwürfe, wieso musste ich das Ding da auch liegen haben? Und hätte ich es verhindern können? Wenn ja, wie? Warum hab ich das bloß nicht gemerkt? Das war so genau abgestimmt mit dem zweiten Mann, das ist beinahe schon elegant. Und wieso ist der so zielgerichtet auf mein Handy losgegangen, wusste er, dass es einen Diebstahl lohnte, haben die mich vielleicht vorher schon beobachtet? Der Gedanke ist höchst unerfreulich und es muss schnellstens eine Jalousie vor das Bürofenster. Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist...

Vermutlich habe ich bei allem sogar noch Glück gehabt. Hätte ich den Diebstahl bemerkt oder gar mein Handy zurückgefordert, hätte ich mit Gewalttätigkeiten rechnen müssen? Immerhin waren die zu zweit... Oder es hätte mich jemand just in dem Augenblick angerufen, in dem er es einsteckt? Was auch immer, es ist "nur" ein Handy und ein gewaltiger Schreck und eine riesige Wut auf die Mistkerle, die es gewagt haben, sich an meinem Eigentum zu vergreifen. Mögen ihre Taten fürderhin von Misserfolg geprägt sein! Pech sollen sie haben für immer und ewig!

Mittlerweile habe ich mein altes Handy wieder aktiviert, ich habe glücklicherweise zwei SIM-Karten und kann schon wieder angerufen werden und telefonieren und so weiter. 

Zum guten Schluss ein Appell an den geneigten Leser: passt einfach genau auf, lasst Euch nicht aus der Ruhe bringen, lasst Euch nicht in die Hektik hineinziehen und wenn es doch einmal passiert, achtet darauf, dass Ihr hoffentlich unbeschadet an Leib und Leben aus der Sache herauskommt!


Sonntag, 15. Juli 2012

Nix passiert...und ich begegne immer wieder netten Menschen

Der Morgen ist jung - halb 10 in Deutschland, wie es so schön heisst - und ich bin auf dem Weg zur Arbeit. Reichlich Verkehr und am Herrmannplatz ist ordentlich was los. Die Ampel springt auf "Grün", ich fahre langsam los und muss auch gleich wieder anhalten, weil sich ganz vorn jemand falsch eingeordnet hat. Da gibt es einen dumpfen Knall und wer schon einmal gehört hat, wie sich zwei Autos berühren, wird wissen, wovon ich rede. Es schüttelt mich heftig und ich weiss, jemand ist mir hinten drauf gefahren. 

Großartig! Klasse! Das hätte wirklich nicht sein müssen - in 10 Minuten sollte ich an meinem Schreibtisch sitzen und jetzt das.

Das ist jetzt schon das zweite Mal innerhalb des letzten halben Jahres, bitte nicht schon wieder so ein Ding! Tief Luft geholt und ausgestiegen, erst mal sehen, was eigentlich passiert ist. Hinter mir steht ein bejahrter Polo, aus dem nun ein junger Mann aussteigt. Er ist offenbar mehr erschrocken als ich und beginnt sofort, auf mich einzureden: "Es tut mir so leid - bitte keine Polizei - es ist nichts passiert - es tut mir wirklich leid - ich bin doch noch in der Probezeit." So geht es minutenlang, der steht komplett unter Schock. Ich beuge mich zur Stoßstange hinunter und sehe - nichts. Ein winzig kleiner schwarzer Fleck auf dem roten Lack, das ist alles. Nachdem wir mit beiden Autos um die Ecke und an die Seite gefahren sind, legt sich mein Unfalllgegner ohne Umstände unter mein Auto, um dann auch festzustellen, dass kein Schaden ersichtlich sei. Wiederholt bittet er darum, alles ohne Polizei und ohne Versicherung zu regeln, damit er nicht mit der Prämie hochgestuft wird und seinen Führerschein behalten kann.

Ich zögere, willige dann aber ein und notiere mir seine Daten, Personalausweisnummer, Versicherung, Kennzeichen und natürlich Adresse und Telefonnummer. "Aber ich werde auf jeden Fall in die Werkstatt fahren, um das prüfen zu lassen. Ich rufe sie dann an." Er stimmt zu und steigt unter mehrfachem "Es tut mir so leid." wieder in sein Auto und ich fahre ebenfalls weiter zur Arbeit.

Der nächste Morgen sieht mich in der Werkstatt beim Meister unseres Vertrauens. Mein Rasender Rudolf kommt auf die Hebebühne, der Meister fragt ungläubig: "Ist Dir wirklich jemand hintendrauf gefahren?" Es ist auch dem Fachmann nicht möglich, einen Schaden zu erkennen, nichts, gar nichts. Lediglich  der kleine schwarze Fleck auf der Stoßstange zeugt von einer "Fremdberührung". Mit einem weichen Lappen und einer Politur wird auch der entfernt und alles ist gut. Ich bin sehr erleichtert. Es wäre für mich mit keinerlei Kosten verbunden gewesen, entweder die Versicherung des Unfallgegners oder er selber hätten bezahlt. Aber es wäre unbequem gewesen, Reparatur, einen  Tag lang kein Auto, dann der ganze Papierkram - so ist es mir bedeutend lieber.

Ich rufe den jungen Mann an: "Ich wollte Ihnen nur sagen, dass Sie wieder ruhig schlafen können, am Auto ist absolut nichts."

"Vielen, vielen Dank und entschuldigen Sie nochmals - bitte sagen Sie mir doch Ihre Adresse oder die Adresse von Ihrer Arbeit, ich möchte mich gern erkenntlich zeigen!" Ich nenne ihm Namen und Adresse meines Arbeitgebers und gebe ihm auch die Uhrzeiten an, zu denen ich dort zu erreichen bin. 

Eine Woche später steht der junge Mann strahlend in der Tür, in der Hand einen Blumenstrauß und eine riesige Packung Schokolade. "Endlich habe ich Sie gefunden, ich hatte die Hausnummer vergessen aber bitte hier, das ist für Sie. Ich bin sehr dankbar, dass Sie so ehrlich waren und mir wirklikch auch gesagt haben, dass es keinen Schaden gegeben hat. Wissen Sie, ich habe gerade meinen Sohn bekommern, und jetzt muss ich mir um den Unfall keinen Kopf mehr machen." Wir plaudern noch eine Weile und verabschieden uns dann.

Das Bild spricht für sich, die Welt ist voller freundlicher Menschen...

Montag, 4. Juni 2012

Der Ring

Ich bin in der Stadt unterwegs, bummele durch ein paar Geschäfte und Ladenstraßen, so auch durch die neue große Passage mit dem klangvollen Namen "Boulevard Berlin". Nun soll hier aber in zweiter Linie, wenn überhaupt von Ladenstraßen und dergleichen die Rede sein, vielmehr von dem, was ich dort und später erlebe. 


In früheren Zeiten hätte man diskret formuliert, dass mich ein menschliches Rühren erfasst, ich suche also die Toiletten auf. Beim Händewaschen entdecke ich neben dem Waschbecken einen Ring. Ein schöner großer glitzernder Stein, umkränzt von mehreren kleinen, gefasst in Weißgold vermutlich. Ich sehe mich um, ob ich noch jemanden sehe, die den Ring vielleicht vergessen hat, niemand da. Der Stein ist recht groß, wenn es ein echter Diamant ist, ist er sehr sehr wertvoll, auch wenn nicht, ist es für die, die ihn verloren hat so oder so traurig. Es ist wirklich ein schönes Stück und ich denke mir, dass, wenn eine Frau einen Ring zum Waschen ablegt, damit keine Seifenreste sich ablagern, er für sie von großer Bedeutung ist.

Der junge Mann, der sich dort unten um die Sauberkeit kümmert, sagt mir, ich könne den Ring an der Information im Erdgeschoss abgeben, man werde ihn dort für die Eigentümerin aufbewahren. Gesagt, getan. Ich hinterlasse Namen und Adresse und im Laufe des kleinen Gesprächs stelle ich fest, für wie ungewöhnlich das gehalten wird, was ich tue, nämlich einen gefundenen Gegenstand abgeben. Die junge Dame ist der Ansicht, dass es überdies eine Altersfrage ist. Na, herzlichen Dank auch. "Die Jungs und Mädchen, die hier herumlaufen, würden das sicher nicht tun!"  Ich entgegne, das könne man doch nie wissen, man dürfe doch nicht immer nur vom Schlimmsten ausgehen.

Ich habe den Vorfall schon beinahe vergessen, nachdem ich meinem Liebsten davon erzählt hatte, denke ich nicht mehr weiter darüber nach. 

Einige Tage später klingelt mein Handy, am anderen Ende ist eine Dame, die sich mit ihrem Namen vorstellt, der mir allerdings so gar nichts sagt. Erst als sie davon spricht, dass sie ein paar Tage zuvor in Berlin gewesen sei und dass sie dort ihren Ring vergessen bzw. verloren geglaubt habe, fällt es mir wieder ein. Sie ist glücklich und völlig überwältigt davon, dass "es noch ehrliche Menschen auf der Welt gibt" spricht sogar davon, dass ich ihr den Glauben an die Menschen zurückgegeben habe. Der Ring bedeute ihr soviel und sei für sie von so großem Wert, dass ihr die Tränen gekommen seien, als sie erfuhr, dass jemand ihn gefunden und abgegeben habe.

Nun mal langsam - als ich dazu komme, ihr zu antworten, gebe ich zu verstehen, dass ich da gar nicht weiter drüber nachgedacht habe, ich habe einfach den Ring abgegeben und gehofft, dass die Eigentümerin sich daran erinnert, wo sie ihn liegengelassen haben könnte. Das sei doch nichts Besonderes. 

Aber ich freue mich ganz gewaltig, dass diese Frau sich die Mühe macht, mich anzurufen und sich zu bedanken. Das ist nämlich auch nicht alltäglich. Sie hatte nach meiner Adresse gefragt aber nur meine Telefonnummer erhalten. Nun bittet sie mich darum, sie möchte mir mit ein paar Blumen danken. Und so prangt seit ein paar Tagen ein wunderschöner Blumenstrauß, der mit einer Karte mit ein paar freundlichen Dankesworten an mich geschickt wurde, auf unserem großen Tisch  und das ist ein schöner Abschluss für eine so kurze Begebenheit.




Montag, 21. Mai 2012

Das dürfen Sie nicht mit reinnehmen!

Meine Freundin Susi hat Konzertkarten für uns beide, in der O2-World treten die "Celtic Woman" auf. Für uns ein willkommener Anlass, schon den Nachmittag miteinander und mit gutem Essen und langen Gesprächen zu verbringen, um dann - was wir hoffen - gute irische Musik genießen zu können.

Wer allerdings glaubt, mit einer simplen Eintrittskarte wäre es bereits getan, täuscht sich gewaltig. Wenn man nämlich nicht mit S- oder U-Bahn anreist sondern wie wir, mit dem Auto - es gießt in Strömen und kräftige Sturmböen sorgen für nasse Hosenbeine, sonst hätten wir natürlich die öffentlichen genommen, ehrlich, wir haben sogar schon Fahrkarten gekauft - also, wer das nicht tut, der wird das erste Mal auf dem Parkplatz mit 5,00 € zur Kasse gebeten. Nun ja, wer bequem ist, muss zahlen.

Bevor wir dann zum Eingang marschieren, komme ich auf die glorreiche Idee, eine Flasche Wasser in die Tasche zu stecken. Sicher ist sicher.

Es regnet immer noch, als wir uns in die Schlange der "Hundsgewöhnlichen" einreihen. Auch in der O2-World herrscht, wie überall in der Welt, das Mehrklassensystem. Menschen, die mit O2 telefonieren, dürfen einen VIP-Eingang benutzen, werden angelächelt und stehen noch immer im Regen, als wir schon im Trockenen sind.  Aber noch nicht am Ziel unserer Wünsche. Zunächst passieren wir die Ticketkontrolle - na klar, muss ja sein. Dann fordert man uns auf - das heißt, eigentlich befiehlt man uns: "Legen Sie Ihre Tasche auf den Tisch!" Wortlos greift eine junge Dame nach meiner Handtasche und ich kann gerade noch verhindern, dass sie den Inhalt auskippt. Da hat sie aber schon die Flasche Wasser entdeckt.

"Die dürfen Sie nicht mit hineinnehmen."

"Warum nicht?"

"Das ist eine Bestimmung." Aha.

"Wenn ich sie hierlasse, bekomme ich sie nachher wieder?"

"Nein, entweder trinken Sie sie jetzt aus oder Sie bringen sie zum Auto zurück. Wenn Sie sie hierlassen, ist sie weg." Die sind hier so wahnsinnig höflich!

"Na, dann können Sie sie trinken."

"Das darf ich nicht."

"Was passiert denn damit?" Schulterzucken. Die Dame wird noch um einiges unfreundlicher als sie ohnehin schon ist. Ich verabschiede mich von der Flasche und ärgere mich ein bisschen, dass ich sie überhaupt mitgenommen habe, ich hätte es mir eigentlich denken können. Natürlich haben die hier Ihr eigenes Catering und wollen ihre eigenen Flaschen verkaufen. Da könnte ja jeder... und so weiter.

Susis Tasche wäre beinahe unbeanstandet durchgegangen, als in letzter Sekunde der Adlerblick eine kleine Parfumflasche erspäht, in der noch ca 5 ml Eau de Toilette ihres Lieblingsparfums sind.

"Die dürfen Sie nicht mit hineinnehmen."

"Warum nicht? Verkaufen Sie da oben auch Parfum? Und der Duft ist doch ok!"

"Nein, die Flasche könnte hinfallen und dann lägen überall Splitter herum." Also es gibt dämliche und noch dämlichere Argumente. Das hier ist eines von den letzteren. Warum sagen sie nicht einfach, dass sie Sch... vor einem terroristischen Anschlag haben oder dass sie das nur machen, weil sie damit die Taschenkontrollen rechtfertigen und "unerlaubte" Getränke konfiszieren können?

Susi ist aber einsichtig und gibt zu bedenken, dass ja vielleicht auch Sprengstoff in der Flasche hätte sein können. Wir überlegen noch, dass wir unsere Wasserflasche locker in eine unserer Jackentaschen hätten stecken können. Nächstes Mal...


Auch Waffen oder anderes wäre so anstandslos durchgegangen. Leibesvisitationen gibt es nicht. Also was ist das dann bitte? Augenwischerei, so tun als sei man um die Sicherheit der Besucher besorgt? Wenn schon, denn schon. Im Übrigen werden wir nach Konzertende entdecken, dass tatsächlich Hunderte von Parfumfläschchen eingesammelt wurden, die, mit einer Nummer versehen, dann wieder an die Besitzerinnen zurückgegeben werden.

Nach einigem Herumsuchen - es ist relativ gut ausgeschildert - finden wir den Weg in den ersten Stock. Da, ein Imbiss mit Getränken und allem Komfort. Die Minifläschchen kosten 4,00 Euro! Und da wir, wie könnte es anders sein, Durst haben gönnen wir uns jeder einen halben Liter Wasser. 2,00 Euro Pfand ist heftig aber das bekommen wir ja zurück. Dann jedoch schraubt der jungen Mann hinter der Theke den Schraubverschluss ab und als ich danach greife, kommt es wieder: "Den dürfen Sie nicht mit hineinnehmen."

"Warum das denn nicht?"

"Das ist  Bestimmung." Also ein unabänderliches Schicksal. Ich frage mich, was die glauben, was ich mit dem Schraubverschluss mache. Auf die Bühne werfen, wenn mir das Konzert nicht zusagt oder was?

Aber nicht ich, sondern die machen etwas damit. Die 2,00 Pfand sind schon ganz gut kalkuliert. Man rechnet damit oder hat Erfahrungswerte, dass ein nicht geringer Prozentsatz der Besucher die Flaschen nicht zurückgibt. Nach dem Motto: "Ich stell mich doch wegen 2,00 Euro hier jetzt nicht noch mal an." Oder so ähnlich. Bei ein paar tausend Besuchern und entsprechend langen Schlangen nachvollziehbar. Also werden die Flaschen entweder mitgenommen - und ohne Verschluss bekommst du  nirgendwo auch nur einen Cent - oder einfach entsorgt. Und so werden nach der Veranstaltung die übriggebliebenen Verschlüsse gezählt und das ist dann ein schönes Zubrot. Reingewinn sozusagen. Wir geben unsere Flaschen natürlich zurück, und irre ich mich oder sehe ich einen Hauch von Enttäuschung über das Gesicht des Flaschenverkäufers zucken?

Das Konzert und die Darbietungen der 4 keltischen Damen sind dann leider nicht so wirklich das, was ich erwartet habe. Ich hatte mir eine Mischung von "The Dubliners" und Michael Flatley vorgestellt, und das ist es ganz und gar nicht. Schöne Stimmen - wenn sie dann mal zwischendurch life singen - und schöne Kleider aber sehr elegisch und theatralisch. Viele getragene und wehmütige Songs bis hin zu Schuberts Ave Maria, das ja nun wirklich nichts mit Irland oder keltischer Musik zu tun hat.

Wie auch immer, wir beide haben uns amüsiert und hatten eine gute Zeit miteinander. Und wie sagte Susi, nachdem mir der Flaschenmensch den Verschluss nicht geben will? "Ich freu mich schon auf Deinen Blog!"

Sonntag, 29. April 2012

Irrungen - Windungen - Verbindungen

Wer je von einem liebgewordenen Objekt getrennt war, der kann sich vielleicht vorstellen, wie es ist, in Zeiten nahezu immerwährender Kommunikation ein kaputtes Handy und keinen Internetanschluss zu haben. Bei mir ist jetzt fast alles wieder gut, nach 4 Wochen "trommeln" und mehrfachem Handytausch. Und ich kann nur sagen, diese Internet- und Telefonanbieter sind wirklich eine heftige Herausforderung.

Aber der Reihe nach: In unserem Dorf gibt es zwar schon Telefon aber eine ganz normale ISDN-Leitung und sonst gar nichts. Kein Kabelfernsehen, kein DSL. Handynetze sind vorhanden und fuktionieren. Als wir aus Berlin hierherzogen, war das ein bisschen wie ins Mittelalter (Auch in anderer Hinsicht fühlen wir uns manchmal wie vor 22 Jahren, aber das steht auf einem anderen Blatt.) zu fallen. Also versuchten wir, eine einigemaßen arbeitende Internetverbindung über UMTS, quasi wie beim Handy, herzustellen. Das war zwar nicht wirklich gut aber besser als gar nichts. Und die Geschwindigkeit - wenn man denn von einer solchen reden kann - war auch gewöhnungsbedürftig. Selbst ein Clip auf you tube dauerte die doppelte Zeit wie angegeben, nach 10 Sekunden stoppte alles, es rödelte und rödelte und dann ging es wieder für 10 Sekunden weiter. Downloads und Mails mit Anhang waren Langzeitprojekte. Das Netz war auch nicht immer verfügbar, manchmal wegen Überlastung, manchmal wegen technischer Defekte im Sendebereich. Bei Nachfragen gab's keine erschöpfende Auskunft und die Dauer war auch eher ungewiss.

Das ist der UMTS-Stick
 Nun sind einige Einwohner hier stark engagiert für einen Breitbandanschluss, es liegen auch erste Gutachten vor, Kontakte mit Anbietern sind wohl auch schon geknüpft worden aber die Durchführung scheitert an zahlreichen Hindernissen, eines ist natürlich das Geld, das die Gemeinde aufbringen muss.

Nun gibt es seit einiger Zeit eine LTE-Verbindung, das schnelle Internet über Funk - so geht die Werbung - und ich stürze mich mit Begeisterung darauf, telefoniere, informiere mich, rechne und denke, es ist das Richtige. Außerdem sparen wir Geld. Bisher haben wir für Festnetz und Internet immer extra bezahlt, kein Gedanke an alle 19,90-Tarife mit Telefon und DSL, davon werden wir noch Jahre träumen. Also gibt es noch ein Gespräch mit der Technikabteilung der Telekom, man versichert mir nach mehrfachem Prüfen, ja, LTE geht hier in dieser von DSL verlassenen Ecke.

Wie die Fügung es will, hatte ich allerdings gerade 2 Monate zuvor den Anbieter bei der UMTS-Verbindung gewechselt und mir eine sogenannte Datenkarte als Zusatz zu meinem Handy ausstellen lassen. Die steckt  nun in meinem Laptop. Zeitgleich bekam ich auch noch ein neues Handy (Ein schickes HTC, mit viel, viel Möglichkeiten...) Also telefoniere ich mit dem Support von t-mobile und frage, ob ich denn die Datenkarte wieder kündigen kann, wegen oben erwähnter Änderung. Kein Problem! Ich hätte gewarnt sein sollen...

Aber im Rausch der bereits zu ahnenden Geschwindigkeit lasse ich meine Antenne eingefahren. Ich entscheide mich also für LTE. Man sagt mir, das könne bis zu 14 Tagen dauern. Na gut, nun hab ich die paar Tage auch noch Geduld.

Bei der Bestellung der neuen Verbindung sagt die Mitarbeiterin , als ich den WLAN-Router (wenn schon, denn schon) bestelle: " Ja, den für die 3G-Verbindung." "Nein, den für die LTE-Verbindung!" "Ja, für Ihre Funkverbindung." "Ja." Wieder mal das Warnsignal nicht gehört.

Nebenher versuche ich meine Datenkarte so zu kündigen, dass ich einen nahtlosen Übergang von UMTS zu LTE bekomme. Und da haben wir es. Ich sage mein Sprüchlein auf, betone, dass man mir gesagt hat, es sei "kein Problem", der Mensch sagt: "Uuuuhh!" Aha. Natürlich gibt es nun doch ein Problem. Es handelt sich nämlich  nicht um eine Zusatzoption zum Handytarif sondern um einen neu geschlossenen Vertrag. Jetzt leuchten mir auch die 50,00 € Guthaben ein auf meiner letzten Rechnung. Nun lege ich mich ins Zeug. Schließlich hab ich doch alles bei einem Anbieter, ich will ja nicht wechseln, ich will doch nur... Schließlich erbarmt sich der Mitarbeiter meiner und will mal gucken, was er denn auf Kulanz machen kann. Das ist doch mal was. Nach 3 Minuten Warten meldet er sich wieder und sagt: "Also wir stornieren den Vertrag jetzt auf Kulanz sofort ohne weitere Verpflichtungen." Ich will gerade sagen, dass ich das sehr generös finde, da macht es in meinem Laptop "Plinggg!" und die Internetverbindung ist weg. "Ja, haben Sie jetzt die Verbindung gekappt?" Jaha:" "Ja aber ich bin jetzt ohne Internet!" Ich kann förmlich hören, was er denkt: "das ist doch hier kein Wunschkonzert" Na gut, aber sie hätten mich wenigestens fragen können, ob ich das will, vielleicht hätte ich den Tarif so klein wie möglich gehalten oder was auch immer.

Nachdem ich den Schock überwunden habe, denke ich, dass es so vielleicht besser ist, als wenn ich noch 22 Monate zahlen muss. Und 14 Tage gehen auch rum, schließlich hat mein Liebster noch eine mobile Funkverbindung in seinem Gerät.  Es muss also irgendwie gehen, zumal ich mit meinem Handy ja auch in Internet kann. Noch ist die Welt weitgehend in Ordnung.

Einige Tage später trudelt der Router ein, ich packe alles aus und schaue mir die Anleitung an. Ich vergleiche das Foto mit dem Gerät und stelle fest, dass ich einen UMTS-Router vor mir habe. Außerdem gibt es einige Passagen, die ich so nicht verstehe, ich rufe also die Telekom-Technik an. Der Techniker erklärt mir alles sehr schlüssig und meine letzte Frage ist, wieso ich denn einen UMTS-Router bekommen haben, obwohl ich doch eine LTE-Verbindung will. "Ja, wenn man Ihnen den geschickt hat, dann ist das bei Ihnen wohl auch nur so möglich." "Nein, ich habe das prüfen lassen, hier gibt es LTE auch von der Telekom." "Na ja, die hätten Ihnen sonst doch wohl den anderen Router geschickt." "Wissen Sie was? Ich weiß, dass Ihr Konkurrent hier LTE anbietet, ich bin noch in der 14-Tages-Frist (diesmal stimmt das!!), und wenn Sie mir kein LTE anbieten, gehe ich zu Vodafone!" "Oh, einen kleinen Moment, ich gucke noch mal nach." Muss man den Leuten eigentlich immer Druck machen, bevor sie aktiv werden? Das Ergebnis ist dasselbe wie bereits oben erwähnt: hier gibt es LTE.

Jetzt aber: der bestehende Vertrag wird storniert, ich muss das ganze Zeugs zurückschicken, ich bekomme einen neuen Vertrag und neue Hardware. Und das ganze dauert noch einmal 4 weitere Tage. Ich kann mir nur noch die Haare raufen.

Da geschieht das, was nach Murphys Gesetz immer geschieht: Die Kamera in meinem 6 Wochen alten Handy ist defekt. Ich telefoniere mit dem Support und man sagt mir einen Austausch zu. Natürlich kein neues sondern ein neuwertiges. Das klappt auch nach Plan. Ich setze alle  Karten und den Akku ins Handy ein, schalte es ein, will telefonieren - nichts. Netz ist da, Internet geht auch, ich bekomme keine Verbindung. Gut, ich warte erst mal. Nach 4 Stunden fuktioniert es, die Kamera auch. Merkwürdig ist das schon. Am nächsten Tag dasselbe Phänomen, ich versuche es mit einer anderen SIM-Karte, wie gehabt.

Ich nehme 4 Anläufe, um mit dem Support bzw. der Technik zu telefonieren, der erste sagt, es ist meine Mobilbox, die die falschen Einstellungen hat. Der zweite sagt, wenn es mit einer anderen SIM-Karte auch nicht geht, kann er mir auch nicht helfen. Der dritte sagt, er habe noch nie gehört, das die HTC-Geräte so viel Probleme machen. Das ist natürlich sehr hilfreich. Und so weiter...

Tja, was soll ich sagen, so ist das mit den neuwertigen...Und schließlich geht gar nichts mehr, ich kann es noch nicht einmal mehr einschalten. Also wieder dasselbe Procedere, ich werde ein zweites neuwertiges Gerät bekommen. Zudem hat sich herausgestellt, dass der Akku auch noch defekt ist. Also gleich um einen Austauschakku gebeten, ist ja noch in der Gewährleistung. So geht das aber nicht, es darf jeweils innerhalb von 24 Stunden nur eine Reklamation aufgenommen und bearbeitet werden. Hoffentlich gilt das nur pro Vertrag und nicht pro Mitarbeiter. Mittlerweile ist mir eigentlich alles egal, ich will nur, dass es vorbei ist. Ich habe mein altes Handy wieder aktiviert, renne nur noch mit USB-Sticks durch die Wohnung, wenn ich etwas hochladen oder per Mail verschicken will - es reicht.

In der Zwischenzeit ist allerdings mein WLAN-Router eingetroffen mit der festen Datumsangabe der Freischaltung. Dieses Mal ist es der Richtige.

Rechts oben steht das WLAN-Zeichen und daneben 4G!
Und ein bisschen ist es wie im Märchen, wenn auf einmal alles klappt und gut geht: Ich kann schließlich den neuen Akku für mein Handy bestellen, das zweite Austauschhandy wird geliefert, der Akku einen Tag später, und seit 2 Tagen haben wir eine funktionierende LTE-Verbindung ins Internet. Schnell und günstiger als alles, was wir bisher hier gehabt haben.

Und wenn ich jetzt daran denke, dass wir vor 15 oder 16 Jahren unsere ersten Handys hatten, so groß wie eine kleine Zigarrenkiste, dass die ersten Internetverbindungen über ein schleichend langsames Modem liefen und es nicht möglich war, eine E-Mail zu schicken und gleichzeitig auf dem Festnetz zu telefonieren oder dass vor 25 Jahren es noch nicht einmal gestattet war, andere Telefone als die von der Post zu benutzen, Leute, wir haben's irgendwie auch geschafft, oder?