Montag, 21. Mai 2012

Das dürfen Sie nicht mit reinnehmen!

Meine Freundin Susi hat Konzertkarten für uns beide, in der O2-World treten die "Celtic Woman" auf. Für uns ein willkommener Anlass, schon den Nachmittag miteinander und mit gutem Essen und langen Gesprächen zu verbringen, um dann - was wir hoffen - gute irische Musik genießen zu können.

Wer allerdings glaubt, mit einer simplen Eintrittskarte wäre es bereits getan, täuscht sich gewaltig. Wenn man nämlich nicht mit S- oder U-Bahn anreist sondern wie wir, mit dem Auto - es gießt in Strömen und kräftige Sturmböen sorgen für nasse Hosenbeine, sonst hätten wir natürlich die öffentlichen genommen, ehrlich, wir haben sogar schon Fahrkarten gekauft - also, wer das nicht tut, der wird das erste Mal auf dem Parkplatz mit 5,00 € zur Kasse gebeten. Nun ja, wer bequem ist, muss zahlen.

Bevor wir dann zum Eingang marschieren, komme ich auf die glorreiche Idee, eine Flasche Wasser in die Tasche zu stecken. Sicher ist sicher.

Es regnet immer noch, als wir uns in die Schlange der "Hundsgewöhnlichen" einreihen. Auch in der O2-World herrscht, wie überall in der Welt, das Mehrklassensystem. Menschen, die mit O2 telefonieren, dürfen einen VIP-Eingang benutzen, werden angelächelt und stehen noch immer im Regen, als wir schon im Trockenen sind.  Aber noch nicht am Ziel unserer Wünsche. Zunächst passieren wir die Ticketkontrolle - na klar, muss ja sein. Dann fordert man uns auf - das heißt, eigentlich befiehlt man uns: "Legen Sie Ihre Tasche auf den Tisch!" Wortlos greift eine junge Dame nach meiner Handtasche und ich kann gerade noch verhindern, dass sie den Inhalt auskippt. Da hat sie aber schon die Flasche Wasser entdeckt.

"Die dürfen Sie nicht mit hineinnehmen."

"Warum nicht?"

"Das ist eine Bestimmung." Aha.

"Wenn ich sie hierlasse, bekomme ich sie nachher wieder?"

"Nein, entweder trinken Sie sie jetzt aus oder Sie bringen sie zum Auto zurück. Wenn Sie sie hierlassen, ist sie weg." Die sind hier so wahnsinnig höflich!

"Na, dann können Sie sie trinken."

"Das darf ich nicht."

"Was passiert denn damit?" Schulterzucken. Die Dame wird noch um einiges unfreundlicher als sie ohnehin schon ist. Ich verabschiede mich von der Flasche und ärgere mich ein bisschen, dass ich sie überhaupt mitgenommen habe, ich hätte es mir eigentlich denken können. Natürlich haben die hier Ihr eigenes Catering und wollen ihre eigenen Flaschen verkaufen. Da könnte ja jeder... und so weiter.

Susis Tasche wäre beinahe unbeanstandet durchgegangen, als in letzter Sekunde der Adlerblick eine kleine Parfumflasche erspäht, in der noch ca 5 ml Eau de Toilette ihres Lieblingsparfums sind.

"Die dürfen Sie nicht mit hineinnehmen."

"Warum nicht? Verkaufen Sie da oben auch Parfum? Und der Duft ist doch ok!"

"Nein, die Flasche könnte hinfallen und dann lägen überall Splitter herum." Also es gibt dämliche und noch dämlichere Argumente. Das hier ist eines von den letzteren. Warum sagen sie nicht einfach, dass sie Sch... vor einem terroristischen Anschlag haben oder dass sie das nur machen, weil sie damit die Taschenkontrollen rechtfertigen und "unerlaubte" Getränke konfiszieren können?

Susi ist aber einsichtig und gibt zu bedenken, dass ja vielleicht auch Sprengstoff in der Flasche hätte sein können. Wir überlegen noch, dass wir unsere Wasserflasche locker in eine unserer Jackentaschen hätten stecken können. Nächstes Mal...


Auch Waffen oder anderes wäre so anstandslos durchgegangen. Leibesvisitationen gibt es nicht. Also was ist das dann bitte? Augenwischerei, so tun als sei man um die Sicherheit der Besucher besorgt? Wenn schon, denn schon. Im Übrigen werden wir nach Konzertende entdecken, dass tatsächlich Hunderte von Parfumfläschchen eingesammelt wurden, die, mit einer Nummer versehen, dann wieder an die Besitzerinnen zurückgegeben werden.

Nach einigem Herumsuchen - es ist relativ gut ausgeschildert - finden wir den Weg in den ersten Stock. Da, ein Imbiss mit Getränken und allem Komfort. Die Minifläschchen kosten 4,00 Euro! Und da wir, wie könnte es anders sein, Durst haben gönnen wir uns jeder einen halben Liter Wasser. 2,00 Euro Pfand ist heftig aber das bekommen wir ja zurück. Dann jedoch schraubt der jungen Mann hinter der Theke den Schraubverschluss ab und als ich danach greife, kommt es wieder: "Den dürfen Sie nicht mit hineinnehmen."

"Warum das denn nicht?"

"Das ist  Bestimmung." Also ein unabänderliches Schicksal. Ich frage mich, was die glauben, was ich mit dem Schraubverschluss mache. Auf die Bühne werfen, wenn mir das Konzert nicht zusagt oder was?

Aber nicht ich, sondern die machen etwas damit. Die 2,00 Pfand sind schon ganz gut kalkuliert. Man rechnet damit oder hat Erfahrungswerte, dass ein nicht geringer Prozentsatz der Besucher die Flaschen nicht zurückgibt. Nach dem Motto: "Ich stell mich doch wegen 2,00 Euro hier jetzt nicht noch mal an." Oder so ähnlich. Bei ein paar tausend Besuchern und entsprechend langen Schlangen nachvollziehbar. Also werden die Flaschen entweder mitgenommen - und ohne Verschluss bekommst du  nirgendwo auch nur einen Cent - oder einfach entsorgt. Und so werden nach der Veranstaltung die übriggebliebenen Verschlüsse gezählt und das ist dann ein schönes Zubrot. Reingewinn sozusagen. Wir geben unsere Flaschen natürlich zurück, und irre ich mich oder sehe ich einen Hauch von Enttäuschung über das Gesicht des Flaschenverkäufers zucken?

Das Konzert und die Darbietungen der 4 keltischen Damen sind dann leider nicht so wirklich das, was ich erwartet habe. Ich hatte mir eine Mischung von "The Dubliners" und Michael Flatley vorgestellt, und das ist es ganz und gar nicht. Schöne Stimmen - wenn sie dann mal zwischendurch life singen - und schöne Kleider aber sehr elegisch und theatralisch. Viele getragene und wehmütige Songs bis hin zu Schuberts Ave Maria, das ja nun wirklich nichts mit Irland oder keltischer Musik zu tun hat.

Wie auch immer, wir beide haben uns amüsiert und hatten eine gute Zeit miteinander. Und wie sagte Susi, nachdem mir der Flaschenmensch den Verschluss nicht geben will? "Ich freu mich schon auf Deinen Blog!"