Sonntag, 11. Mai 2014

Venedig kann sehr kalt sein


Diese Erkenntnis von Patricia Highsmith haben wir in diesem Jahr nicht bestätigt gefunden. Unsere zweite Hochzeitsreise hatte nämlich durchgehend traumhaftes Wetter, abgesehen von ein paar Schauern, die aber unsere Gemütslage in keine Weise beeinträchtigt haben. Mein Liebster hatte mir diesen 5-tägigen Trip zum Hochzeitstag geschenkt und für mich ging ein langgehegter Wunsch in Erfüllung. Es war mein dritter Aufenthalt in der für mich schönsten Stadt der Welt, endlich genug Zeit, um ein bisschen mehr zu sehen als nur den Markusplatz.

Das haben wir denn auch weidlich ausgenutzt, man glaubt ja gar nicht, wie viel und lange man in Venedig laufen kann. Natürlich waren auch die Vaporetti unsere Transportmittel der Wahl, sie fahren wirklich überall hin und man kann sich praktisch nicht "verfahren". Venedig ist ja für Berliner Verhältnisse gewohnte Menschen relativ klein und man kommt sogar zu Fuß schon in einem Tag ganz gut quer durch. Und wenn man merkt, man fährt in die falsche Richtung, dann bleibt man entweder sitzen und wartet, bis das Boot auf der nächsten Runde wieder da anlegt, wo man hin will oder man steigt aus und nimmt das nächste in die entgegengesetzte Richtung. Wir hatten vorher im Internet für jeden ein 7-Tage-Ticket gekauft und das lohnt sich in jedem Falle.  Eine Fahrt mit den "Dampferchen", wie die deutsche Übersetzung lautet, kostet nämlich 7 € und für 50 €  hin-  und herfahren zu können, ist erleichternd für Ortsunkundige.

Hier ist eine Anlegestelle, Pontons, die am Kai befestigt sind und an denen das Vaporetto anlegt. Und da hinten rechts fährt eins Richtung San Marco. Übrigens sind die Dinge fast immer rappelvoll und es kann schon mal passieren, dass man nicht mitkommt. macht aber nichts, die Menschen sind das offenbar gewohnt und warten geduldig auf das nächste.
 
Wir haben übrigens nicht in einem der unglaublich schönen und unglaublich teuren Hotels am Markuslatz gewohnt, wie zum Beispiel dem "Danieli" oder "Bauer"  sondern hatten eine schnuckelige kleine Ferienwohnung auf Giudecca. (http://www.welt.de/reise/article3407626/Venedig-Fahren-Sie-doch-lieber-nach-Giudecca.html ) Das ist eine der Venedig vorgelagerten Inseln, eine davon ist zum Beispiel das Lido. Giudecca ist recht groß, auch von Kanälen durchzogen und sehr pittoresk. Die Insel ist wohl im Kommen und bietet noch ziemlich günstigen Wohnraum. Wir haben sehr gute und nicht überteuerte Restaurants gefunden, allerdings auch einen Ableger vom Hotel Bauer und ein riesiges Hilton Hotel. Vermutlich wird auch hier aus dem einstigen Geheimtipp irgendwann ein Opfer der Gentrifizierung. Allerdings haben wir immer wieder Menschen beobachten können, die sich auf der Straße grüßen, stehenbleiben und den letzten Klatsch durchhecheln, und alles in allem eine entspannte und fröhliche Atmosphäre erlebt. Es war wunderbar ruhig, kein Wunder, keine Autos, höchstens mal ein Bötchen vor der Terrasse. Und wenn man das Haus, in dem unsere Wohnung lag, von außen anschaut...
 
Links unten ist unsere Terrasse, direkt überm Wasser
...dann glaubt man erst mal nicht, dass man dort noch wohnen kann, übrigens ganz komfortabel. Das Schlafzimmer ging allerdings zur Straße raus,
 


dafür war der Blick von der Terrasse einfach herrlich:
 
 
 
Mülltrennung




 
Natürlich führte uns der Weg zunächst denn doch zum Markusplatz mit gefühlten Millionen von Menschen. Diese lästigen Touristen! Wenigstens sieht man sie hier nicht. 
 

 
Von dort aus ist es ein Katzensprung zu den Peggy Guggenheim Collections, http://www.venediglive.de/peggy-guggenheim-museum/ die nicht nur für uns ein Anziehungspunkt waren. Ungefähr 35 Schulklassen wollten den Samstag nutzen, um Bildung und Kultur zu tanken. Und da die Italiener Kinder lieben, durften die lieben Kleinen durch die Gemäldegalerie mit all den wunderschönen Magrittes, Picassos, Ernsts, Brancusis und was dort noch so hängt und steht ungehindert und lautstark toben. Es gibt dort sogar eine eigens für Kinder gebaute Kreativgalerie. Kunstgenuss der etwas anderen Art. Sehr große Aufmerksamkeit erregte auch Peggy Guggenheims Grabstätte, wo auch ihre zahlreichen Hunde bestattet wurden.
 
Und das sind sie, ihre Babies
Weiter ging der Fußmarsch am Canal Grande entlang, um die Ecke zur Accademia mit einer Ausstellung von Kostümen zur Oper "Ein Maskenball" mit Zeichnungen und Bühnenbildminiaturen. Eine der wenigen Ausstellungen bei denen der Eintritt frei ist. In Kirchen, Museen und natürlich dem Palazzo Ducale, dem Dogenpalast, zahlt der Kulturwillige ein halbes Vermögen. Aber es lohnt sich, zumindest, was den Dogenpalast angeht.
 
Auch da hatten wir Glück, wie wir überhaupt während unseren ganzen Venedigaufenthaltes immer gerade zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Das Universum hat es gut mit uns gemeint. 
 
Ja, also der Dogenpalast - auch so ein Traum von mir, EINMAL in den Dogenpalast - und ich wurde nicht enttäuscht. Welch eine Pracht, Reichtum, Verschwendung und Demonstration von Macht und häufig auch Willkür. http://www.stadtfuehrungen-venedig.de/dogenpalast.htm
 
Kein Wunder, dass, wer auch immer zu den Zeiten der Serenissima dort hineinmusste oder wollte, als gemeiner Bürger vollkommen eingeschüchtert war. Ich bin fast durch alle 9 Säle mit ausgerenktem Genick gelaufen, die Deckenmalereien und Wandgemälde sind von so großer Leuchtkraft und ich konnte mich kaum sattsehen an all den Tintorettos, Tiepolos und den anderen Größen ihrer Zeit. Zu meinem großen Bedauern hat man mich nicht fotografieren lassen  - all die anderen aber auch nicht. Nicht einmal heimlich wäre es möglich gewesen, die Wärter sind allgegenwärtig. Wenn man dann mal durch alle im übrigen riesige, mehrere hundert qm großen Säle durch ist und im Allerheiligsten vor dem prachtvollen Thron des Dogen gestanden hat - mit ein wenig Fantasie kann man sich vorstellen, wie sie da gesessen haben in ihrer Macht und Pracht - dann geht es über die berühmte
 
Das ist die goldene Treppe, der Eingang

Und hier das Gefängnis von außen
Seufzerbrücke direkt in Gefängnis. Man fragt sich unwillkürlich, ob irgendeiner derer, die hier nach dem Schuldspruch abgeführt wurden, jemals den umgekehrten Weg gehen durfte. Der Gegensatz ist im Sinne des Wortes schrecklich. Düsternis, kaum Tageslicht, nur der rohe Boden. An den Wänden sind eingeritzte Namen und Jahreszahlen zu erkennen. Und die dunkle Energie macht beklommen, ich wollte nur schnell wieder hinaus. Allerdings darf man auch dort nur den vorgeschriebenen Wegen und Gängen folgen, so dass es eine ganze Weile gedauert hat, bis wir endlich wieder im Tageslicht waren. Und ich war dann auch sehr erleichtert.
 
Wir haben ja auch zwischendurch gegessen und zwar gar köstliche Speisen. Natürlich ganz viel Fisch, was sonst kann man in Venedig essen. Schwarzer Tintenfisch, gegrillter Thunfisch, Brassen, Leber venezianischer Art - mein Liebster hat sich an Pasta gütlich getan, ich wurde schwach und hatte eine Schokotorte, die mich vor Entzücken fast vom Stuhl gehoben hat. Und der Wein! Bestell einfach den Hauswein und der ist richtig gut. Auch selber kochen ging ganz gut. In der unmittelbaren Nachbarschaft gab es einen Fischhändler, der morgens um 7 öffnete und um 10, wenn alles ausverkauft war, wieder seinen Laden dichtmachte. Kleine Gemüse- und Obsthändler mit ganz frischen Waren boten alles, was wir brauchten. Es gab sogar Obst und Gemüse auf  Booten, die in den kleinen Kanälen anlegten und bei Bedarf weiter fuhren.
 
Das schönste an Venedig ist immer noch die Architektur, alles ist fotogen, man kann eigentlich immer nur draufhalten und es ist eine Augenweide. Wohin man blickt, es tut dem Auge gut. Hier noch ein paar Impressionen.
 
Canal Grande


Gegenüber den Guggenheim Collections auch am Canal Grande

Insel San Giorgio


Blick von Giudecca auf San Marco



Hotel Danieli
Jaaa, das Hotel Danieli hatte es uns auch angetan und kurz entschlossen sind wir in die Lobby marschiert und haben uns dort einen Cappuccino und ein Miniminitörtchen Sachertorte gegönnt. Trotz der exorbitanten Preise habe ich mich so gefühlt:
 
 
Was darf nicht fehlen, wenn man Venedig besucht? Richtig, Murano! Ich fand es eher enttäuschend, billiger aber hässlicher Kitsch, zuweilen Anreißer wie in einem Basar. Aber auch hinreißende, elegante, wunderschöne Kreationen, die allerdings auch ihren Preis haben. Auf der Insel findet man zahlreiche gläserne Skulpturen, die bei Sonnenlicht ganz besonders intensiv leuchten.
 
 
 

 
 
 
 
Und dann entdeckten wir ein etwas anderes Venedig, ohne Touristen, mit kleinen Geschäften, Restaurants. Die Giardini publicci, die öffentlichen Gärten, nahezu menschenleer. Sie liegen im Castello
 
Die öffentlichen Gärten




Auch das ist Venedig
Das Castello, eine offenbar gutbürgerliche Wohngegend, wohltuend ruhig und natürlich auch mit einem Campo, diesesmal der Campo Garibaldi. Das Wetter ist wieder mal sonnig mit Wölkchen, etwas Wind, genau richtig. Wir haben ein Cafe gefunden, dass zusammen mit einem Blumenladen in einem alten Gewächshaus Platz gefunden hat.

Francesco Garibaldi











Schwimmender Obststand
 
Die Zeit verging leider viel zu schnell, und an unserem letzten Abend gab es noch einmal ein leckeres Essen in einem der schnuckeligen Restaurants auf "unserer" kleinen Insel und einen Absacker in der Bar des Hilton Hotels. Und beim Bezahlen lud uns der Kellner ein, in den 8. Stock zu fahren und den Blick von dort oben zu genießen. Es gibt eine Bar mit einer großen Terrasse, von der aus wir eine herrliche Aussicht hatten. Und das war wirklich ein würdiger Abschied von Giudecca und Venedig.
 
 
 
Links Venedig, rechts Giudecca




Arrivederci, Venezia!